Asset as a Service

31. Mrz 2022 Kategorie: ASSET-AS-A-SERVICE
Lesezeit 15 Min

1. Finanzierung: Früher & Heute

Bis jetzt hatten Kunden, die einen Vermögensgegenstand finanzieren wollen, traditionellerweise vier Optionen: Kauf, Finanzierung, Leasing oder Outsourcing (siehe Abbildung 1). Diese vier Möglichkeiten unterscheiden sich insbesondere in ihrer Ausgestaltung (siehe Tabelle 1).

Bei Kauf und Finanzierung geht der Gegenstand in das Anlagevermögen eines Unternehmens über. Im Falle einer Finanzierung wird ein fixer Kostensatz über einen festgelegten Zeitraum an einen Finanzdienstleister gezahlt. Flexibler und weniger kapitalbindend sind die anderen Varianten (Leasing und Outsourcing). Sie unterscheiden sich vor allem in der Art sowie der Bemessung der Bezahlung für die Nutzung der Ware.

Die Ankurbelung des Umsatzes durch Leasing reicht bis ins 19. Jahrhundert zurück. Dabei wird der Erwerb einer Ware durch einen Leasingpartner durchgeführt und der Käufer der Ware zahlt eine feste Rate über einen bestimmten Zeitraum. Im Gegensatz zur Miete kann der Käufer dabei nach Ablauf der Frist das Objekt für einen Restpreis erwerben.

Bereits seit den 1960er Jahren erfolgt das Outsourcing bzw. die Auslagerung von zuvor intern erbrachten Leistungen im größeren Umfang. Die Verträge legen Dauer und Gegenstand der externen Leistungserbringung fest, der Vertragsgegenstand bleibt im Besitz des Outsourcing-Partners.

AAAS Gehört die Zukunft

In „Asset-as-a-Service“-Geschäftsmodellen wird die traditionelle Rollenverteilung zwischen Herstellern, Käufern und Finanzdienstleistern aufgebrochen. Hierbei werden die Assets nicht mehr vom Nutzer gekauft, finanziert oder geleast, sondern auf einer Pay-per-Use- oder Pay-per-Output-Basis bezogen: bezahlt wird dann nur die reine Nutzung (siehe Tabelle 2).

Diese neuen Geschäftsmodelle übertragen das Konzept anderer „as-a-Service“-Modelle, wie sie im Bereich von Softwarelösungen heutzutage schon üblich sind, auf tangible Assets wie beispielsweise Maschinen und Anlagen.

Die Abrechnung in AaaS-Modellen erfolgt nutzungsbasiert und nicht mehr pauschal. Der Kunde/Nutzer ist wesentlich flexibler beim Einsatz von Assets. Beispielsweise kann er dieses auch nur für kurze Zeit (z.B. projektbasiert) nutzen und das Asset wieder reibungslos abstoßen, sobald es nicht mehr benötigt wird. Für Investoren – sowohl auf der Fremd- als auch Eigenkapitalseite – ergeben sich neue Investitionsmöglichkeiten in Form neuer Assetklassen. Angesichts der derzeit begrenzten Anlagemöglichkeiten und der Liquidität im Markt handelt es sich um eine attraktive Option.

Der Wertverlauf und damit der aktuelle Zeitwert einer Maschine muss eine deutliche Korrelation zu den anfallenden Betriebsstunden, der Auslastung oder der Anzahl der Werkstücke aufweisen.

AaaS-Geschäftsmodelle bieten auf den ersten Blick einige Vorteile für die Nutzer und übertragen das Risiko des Asset-Eigentums auf die AaaS-Anbieter. Hieraus ergeben sich ebenso neue Geschäftsmodelle für Asset-Hersteller und Finanzdienstleister. Für OEMs eröffnen sich neue Einnahmequellen, die teils höhere Margen versprechen als das traditionelle Verkaufs- oder Vermietungsgeschäft.

In bestimmten Branchen werden AaaS-Modelle bereits vermehrt eingesetzt. Der Maschinen- und Anlagenbau ist hier Vorreiter für AaaS- basierte Geschäftsmodelle. Beispielsweise gilt Rolls Royce als einer der ersten Maschinenbauer, der Pay-per-Use Modelle seiner Motoren mit „Power-by-the-Hour“ anbot. Weitere Beispiele, die bereits IoT-Technologie mit Pay-per-Use Modellen integrieren, sind die Maschinen- und Anlagenbauer DMG Mori und Trumpf.

Dennoch sind AaaS-Geschäftsmodelle heutzutage über diese Beispiele hinaus noch nicht in allen Industrien etabliert. Die großflächigere Verbreitung dieser neuen Nutzungsart ist bisher unter anderem durch fehlende Prozessintegrationsmöglichkeiten eingeschränkt. Die fortschreitende Digitalisierung und Weiterentwicklung von IoT- Technologien befördern jedoch die Adoption von AaaS-Geschäftsmodellen und werden den Trend hin zu Pay-per-Use Services weiter beschleunigen (siehe Abbildung 2).

IOT ermöglicht den Maschineneinsatz genau zu messen und entsprechend abzurechnen

Grundsätzlich ermöglicht wird Asset-as-a- Service in erster Linie durch die Digitalisierung der Systeme im Rahmen von Industrie 4.0. Die in den Maschinen erfassten Messdaten, die mit Hilfe vernetzter Systeme an Hersteller oder Besitzer der Maschinen geschickt werden, können anschließend verarbeitet und ausgewertet werden. Sie zeigen, wie häufig und in welchem Ausmaß die jeweilige Maschine eingesetzt wurde. Der Hersteller hat dadurch die vollständige Transparenz.

Ein weiterer Vorteil ist, dass der Hersteller die Maschinen remote warten kann und via „predictive maintenance“ auch ganz genau messen kann, wann die Maschine gewartet werden muss. Dazu kann er Sensoren anbringen und so bestimmen, ob eine Maschine bald gewartet werden muss oder Verschleißteile auszutauschen sind. In der Folge sind die Maschinen deutlich langlebiger und die Produktivität steigt durch weniger ungeplante Ausfälle.

Zudem kann der Hersteller über die Sensoren Temperatur, Luftfeuchtigkeit oder Geolokation feststellen, um genau zu wissen, wo die Maschine steht und in welchem Umfeld sie verwendet wird. Im Gegensatz dazu hat der Hersteller bei klassischen Leasing-Modellen diese Daten nicht, daher muss der Besitzer mit Hilfe eines „Grey-Box-Modells“ (datenbasierte Simulation) analysieren, wie langlebig die Maschinen sind und wann Verschleißteile ausgetauscht werden müssen.

Diese Daten erleichtern auch die künftige strategische Planung. Darüber hinaus kann der Besitzer der Maschinen diese Daten auswerten und mit Hilfe von Algorithmen bestimmen, wie sich die Nachfrage nach bestimmten Maschinen entwickelt und somit zukünftige Trends antizipieren.

2. AAAS: Die Technologie – Perspektive

IOT & Telemetriedaten als zentraler Dreh- und Angelpunkt für neue Geschäftsmodelle

Nach Angaben von Statista hat sich seit 2016 die Anzahl der IoT Sensoren von ca. 5 Milliarden auf ca. 20 Milliarden Geräte vervierfacht. Schätzungen gehen davon aus, dass diese Entwicklung bis 2025 zu insgesamt 80 Zettabytes an Daten führen wird. Die Herausforderung hierbei ist, dass diese Daten derzeit vor allem nur im Kontext von Industrie 4.0 zu Datenanalyse- und Effizienzzwecken genutzt werden, nicht aber für neue Geschäftsmodelle. In der Folge verbessern Unternehmen ihre (Geschäfts-) Prozesse zwar immer weiter, denken sie allerdings nicht neu. Das ist jedoch der Schlüssel zur Transformation. Dadurch geht viel Potenzial verloren, vor allem im Hinblick auf den gesteigerten Kundennutzen und Mehrwert.

Wie in Kapitel 1 beschrieben wünschen sich Kunden neue Services und Produkte – wissen aber oftmals nicht, was sie sich wünschen. Vor allem im Hinblick auf sogenannte „Asset- Heavy“ Märkte, also klassische Zielmärkte des deutschen Mittelstands, hoffen Kunden auf mehr finanzielle Flexibilität durch neue Finanzierungsformen und Mietmodelle. Die Transformation von Kapitalausgaben zu Betriebsausgaben (CAPEX-to-OPEX) entwickelt sich dahin, dass die Kunden nur mehr für die effektive und faktische Nutzung der Assets (ob Maschinen oder Fahrzeuge) zahlen wollen anstelle eines generischen Miet- oder Leasingpreises. Doch dazu müssen die IoT Sensordaten ausgelesen werden, um Rückschlüsse auf die Maschinennutzung ziehen zu können. Die Sensoren sammeln schon umfassende Datensets, welche die unterschiedlichen Nutzungskategorien der Assets filtern, kategorisieren und bepreisen. Für die Analyse und Transformation der IoT-Daten in Finanzdaten müssen diese im ersten Schritt verfügbar gemacht werden.

Am Beispiel eines Nutzfahrzeugs wie einem Traktor erklärt, würde der IoT-Sensor unter dem Fahrersitz mittels Telemetrie die Sensordaten in die Cloud-Infrastruktur des Herstellers senden. Die Sensordaten sind hierbei automatisch vor externem Zugriff abgesichert (mittels ISO Norm 26262). Dadurch wird sichergestellt, dass die Nutzungsdaten nicht manipuliert werden können. Sobald die IoT-Daten im sogenannten Data-Lake der Cloud des Herstellers zur Verfügung stehen, muss die Business- oder Abrechnungslogik konzipiert werden. Diese beschreibt unter anderem die Metriken für die unterschiedlichen Abrechnungen. Durch eine Micro-Service Architektur in der gewählten Cloud-Umgebung lassen sich viele unterschiedliche, skalierbare Abrechnungs- und Businesslogiken entwickeln. So rechnen die Lindner Traktorenwerken zum Beispiel nach Betriebsstunden ab. Zusätzlich zu dieser Logik ist aber auch eine gewisse Motordrehzahl als Schwellenwert definiert. Oberhalb dieses Schwellenwerts steigt der Einsatztarif, unterhalb dieses Schwellenwerts sinkt er.

Es können aber auch andere Abrechnungs- und Businesslogiken konzipiert werden wie zum Beispiel die Nutzung von Anbaugeräten, eine Kilometerabrechnung oder Preisstaffelung. Wichtig ist bei der Definition der Leistungsrechnung und Preise, die entscheidenden Kostentreiber für die Abnutzung der Assets zu identifizieren. Mit der Auswertung der Daten wird auch die Nutzung des Assets transparent. Dadurch spricht man hier von einem vollständigen Asset Lifecycle Management. Neben Performance-relevanten Daten können hier auch Umweltdaten wie zum Beispiel der Ausstoß von CO2-Emissionen gemessen werden. Dies ist im weiteren Schritt vor allem für die Einordnung des Assets im Kontext von ESG relevant.

Nach der Implementierung der Business- und Abrechnungslogik folgt die Integration in die bestehende Systemlandschaft. Konkret müssen rechtskonforme Rechnungen erstellt und an den Kunden versendet werden. Des Weiteren muss die Buchung auch in dem ERP-System festgehalten werden und als Datensatz dort zur Verfügung stehen. Der denkbar einfache Weg, die Abrechnungslogik direkt in dem ERP-System zu definieren und umzusetzen, gestaltet sich in der Praxis schwierig, da die ERP-Systeme dafür individuell angepasst werden müssen. Dies resultiert in langfristigen Projekten mit hohem Budgetvolumen anstelle einer flexiblen und schnellen Integration. Entsprechend sollte eine nutzungsbasierte Abrechnung außerhalb des ERP-Systems implementiert werden, um die Daten später in das ERP-System zu integrieren.

Nach der Erstellung der Rechnung und Verarbeitung in den entsprechenden Systemen und Prozessen, erfolgt als nächster Schritt die Integration in den Zahlungsverkehr. Im europäischen B2B-Umfeld läuft die Ansteuerung der Firmenkundenkonten über den European Banking Internet Communication Standard (EBICS). Bei diesem Standard gibt es aber noch Schwachstellen, vor allem hinsichtlich der voll-automatischen Abwicklung und Programmierfähigkeit der Zahlungen. Das bedeutet, das Rechnungen derzeit teilweise noch manuell überwiesen werden müssen.

Entsprechend wird derzeit an Lösungen wie unter anderem dem Request-to-Pay, (R2P) Verfahren gearbeitet. R2P wird aber voraussichtlich erst im Zuge der Umstellung der ISO Norm 2019 (ISO 20022) mit Aufnahme der Formatspezifikation R2P im November 2022 implementiert und zur Verfügung gestellt. Um weitere umfassende Lösungen anbieten zu können, wird an dieser Stelle gerade von der Deutschen Kreditwirtschaft (DK) an einer Lösung für programmatische Zahlungen gearbeitet, um die volle Digitalisierung des Zahlungsprozesses zu ermöglichen – Stichwort ist hier: Digitaler Euro. (Hinweis: Die Initiative der DK sollte aber nicht verwechselt werden mit dem Ansatz der Zentralbanken für eine Digitale Zentralbankwährung (CBDC). Aufgrund des gesetzlichen und gesellschaftlichen Anspruchs haben Digitale Zentralbankwährungen andere Ziele und Anforderungen, die erfüllt werden müssen, wie zum Beispiel multi-channel Verfügbarkeit und Offline-Zahlungsmöglichkeiten. Auf Geschäftsbankengeld Ebene fokussieren sich die Anforderungen dann auf Programmierfähigkeit.)

Mit der Abwicklung des Zahlungsprozesses ist die Transformation der IoT-Sensordaten zu Finanzdaten abgeschlossen. Da diese Transformation pro Asset durchgeführt wird, erhält man eine entsprechende Profitabilitätsanalyse pro Asset. Durch die Auswertung der IoT-Daten zeigt sich, wofür das Asset genutzt wurde, welche Kosten entstanden sind (primär durch die Abschreibung), aber auch welche Zahlungsströme mit dem Asset generiert wurden. Dadurch kann eine GuV Rechnung pro Asset aufgestellt werden. Im Kontext von Finanzierungen bietet dies nun eine viel bessere Grundlage für die Einschätzung des Risikos. Betrachtet man nun das gesamte Asset Portfolio (bspw. einen Fuhrpark) lassen sich durch die Erhebung der Daten viel bessere Rückschlüsse auf die Profitabilität schließen.

3. AAAS: Die Finanz – Perspektive

Transformation des Geschäftsmodells

Die Auswirkungen von Asset-as-a-Service sind mannigfaltig und versprechen umfassende Veränderungen für zahlreiche Industrien. Neben verändertem Nutzungsverhalten und Eigentumsverhältnissen dürfte es auch die Transformation bestehender Geschäftsmodelle mit sich bringen. Die nie zuvor dagewesene Transparenz über Zustand, Beanspruchung und Nutzung von Vermögensgegenständen ermöglicht sowohl einen Überblick über den aktuellen Wert eines Assets als auch die generierten Umsätze – die Grundlage für Renditeberechnungen. Das physische Asset erfüllt somit selbst die Grundvoraussetzung, um zum Anlageobjekt zu werden. Somit beschränkt sich der Wandel nicht auf die Industrie, sondern bedeutet auch geänderte Anforderungen für Finanzierungslösungen.

Für Hersteller bietet Asset-as-a-Service die Möglichkeit das eigene Geschäftsmodell zu erweitern, ultimativ in Richtung „Servitization“ zu transformieren. Generiert der Hersteller für gewöhnlich primär Umsätze durch die Veräußerung produzierter Assets wie Maschinen und Anlagen, so kann er den Nutzern durch die neu geschaffenen Möglichkeiten dauerhaft oder auch kurzfristig Kapazitäten der Assets zur Verfügung stellen. Um die geänderten Bedürfnisse nutzerseitig zu befriedigen, bietet der Hersteller ein Komplettpaket an, welches über eine nutzungsabhängige Rate abgerechnet wird. Neben der Nutzung des Assets kann das Angebot Wartung und Instandhaltung sowie Zusatzleistungen, wie Versicherungsprodukte enthalten. Zusatzleistungen und Services können in größerem Maße und über einen längeren Zeitraum monetarisiert werden. Die damit einhergehende langfristige, stärkere Bindung des Nutzers an den Hersteller ermöglicht eine Steigerung des Customer- Lifetime-Values – den konkreten Wert eines Kunden in seinem gesamten Lebenszyklus. Anstelle einmaliger Umsätzen aus dem Verkauf von Assets gewinnt der Monthly-Recurring- Revenue oder wiederkehrende monatliche Umsatz an Bedeutung.

Das Werteversprechen von Asset-as-a-Service

Hersteller/Asset-Eigentümer

Für den Hersteller ergeben sich aus der Erweiterung – respektive Umstellung – des Geschäftsmodells eine Vielzahl von Vorteilen. So lassen sich beispielsweise neue Kundengruppen erschließen, die aufgrund von Kapitalrestriktionen bzw. Investitionshürden bisher nicht erreicht werden konnten. Zusätzliche Umsätze können über Services und Zusatzleistungen generiert werden. Die grundlegende Konzeption von AssS Geschäftsmodellen beinhaltet den Transfer des Ausnutzungsrisikos vom Nutzer, dem ausschließlich die in Anspruch genommene Leistung in Rechnung gestellt wird, hin zum Hersteller bzw. Eigentümer des Assets. Bei geringer Inanspruchnahme generiert der Eigentümer somit geringere Umsätze. Bei starker Inanspruchnahme erhält der Eigentümer entsprechend höhere Zahlungen vom Nutzer.

Die Übernahme dieses Ausnutzungsrisikos lässt sich vom Eigentümer über höhere Nutzungsgebühren bepreisen und durch Mechanismen, wie die Vereinbarung einer Grundgebühr, zumindest teilweise ausgleichen. Die Automatisierung von Backoffice-Prozessen wie der Abrechnung und Rechnungsstellung stellt gleichermaßen eine wichtige Voraussetzung für die Skalierbarkeit von AaaS-Geschäftsmodellen als auch ein essenzielles Werteversprechen hinsichtlich der Optimierung der Kostenstruktur dar. Die Verfügbarkeit von Nutzungsdaten ermöglicht eine bisher unerreichte Transparenz über die generierten Zahlungsströme, den Zustand sowie den kompletten Lifecycle des Assets. Der Hersteller kann somit zielgerichtet Service und Instandhaltung steuern, verfügt über eine tagesaktuelle Einschätzung zum Wert und gewinnt wertvolle Einblicke in den tatsächlichen Einsatzbereich des Assets sowie die Anforderungen, die an das Asset gestellt werden – woraus sich wieder Ansätze für neue Produkte ergeben können. Außerdem ermöglicht es die Optimierung der Asset-Eigenschaften durch Anpassung von Produktionsprozessen. Der Hersteller ist als Eigentümer des Assets zudem incentiviert, Assets mit hoher Werthaltig- und Belastbarkeit zu produzieren, die über möglichst lange Zeiträume Umsätze selbst bei starker Beanspruchung generieren können. Schlussendlich versprechen AaaS- Geschäftsmodelle somit den effizienteren Umgang mit Ressourcen sowie einen bedeutenden Beitrag zur Adoption der Kreislaufwirtschaft und ultimativ zur Nachhaltigkeit in der Industrie zu leisten.

Nutzer/Kunden

Den Vorteilen des Asset-Herstellers steht eine ebenso große Anzahl an Vorteilen für den Asset-Nutzer gegenüber. Durch den Übergang zum Servitization-Geschäftsmodell übernimmt der Hersteller den Betrieb des Assets im Idealfall vollständig. Indem sich der Hersteller für Wartung und Instandhaltung verantwortlich zeichnet und Stillstandszeiten durch die nutzungsbasierte Abrechnung vom Nutzer nicht getragen werden, ergeben sich gleichgerichtete Interessen, die einen reibungslosen Betrieb ermöglichen. Die Produktivität der Assets wird somit erhöht, gleichzeitig kann sich der Nutzer vollständig auf sein Kerngeschäft konzentrieren. Da der Nutzer ausschließlich für die Nutzung des Assets oder den Output an produzierten Gütern zahlt und dem ein generierter Umsatz mit eben jenen produzierten Gütern gegenübersteht, erfolgt eine Parallelisierung der Zahlungsströme. Der Asset-Hersteller übernimmt in diesem Kontext das Ausnutzungsrisiko vom Asset-Nutzer.

Auch der Nutzer profitiert, selbst wenn in den meisten Fällen bei durchschnittlicher oder erhöhter Auslastung leicht höhere Kosten pro produzierter Einheit gegenüberstehen dürften. Analog einer Versicherung, die bei Mindernutzung zum Tragen kommt, flexibilisiert der Nutzer seine Kostenstruktur und schont seine Liquidität im Fall abnehmender Auftragseingänge. Gesteigerte Transparenz über die Nutzung des Assets und die aufgelaufenen Kosten ermöglichen bessere Kalkulationen von Produktangeboten und Fokussierung. Ressourcen werden effizienter eingesetzt, was insgesamt zu nachhaltigerem Wirtschaften beiträgt. Aus Nutzer-Perspektive stellt die Verlagerung von Investitionsaufwand (CAPEX) zu betrieblichen Aufwendungen (OPEX) einen bedeutenden Vorteil dar. Im Vergleich zu einem darlehensfinanzierten Erwerb des Assets profitiert der Nutzer darüber hinaus von einer geschonten Bilanz, da der Asset-Hersteller weiterhin Eigentümer des Assets ist.

Möglichkeiten zur Refinanzierung der Assets

Wie im vorherigen Kapitel erläutert profitiert der Nutzer des Assets von einer verkürzten Bilanz. Für den Asset-Hersteller ergibt sich aus der Umstellung auf ein Asset-as-a-ServiceGeschäftsmodell hingegen die Herausforderung einer deutlich verlängerten Bilanz. In geringem Umfang mag dies für den Hersteller noch tragbar, mitunter auch erstrebenswert sein. Für eine Skalierbarkeit des Geschäftsmodells, muss der Hersteller allerdings dafür Sorge tragen, dass die Assets ebenso wenig in seiner Bilanz aktiviert werden.

Grundsätzlich lassen sich somit zwei Arten von Asset-as-a-Service differenzieren (siehe Abbildung 3).

Beim „Geschäftsmodell“-AaaS hält der Hersteller die Assets auf seiner Bilanz, partizipiert allerdings auch uneingeschränkt an den generierten Zahlungsströmen und trägt das Ausnutzungsrisiko. Werden die Zahlungsströme, die ein Asset generiert, messbar, so ist eine wichtige Voraussetzung erfüllt, das physische Asset selbst zum Anlageobjekt mit kalkulierbarer Rendite werden zu lassen. Dies ist die Grundvoraussetzung für die zweite Art, welche durch die Einbeziehung eines Investors charakterisiert ist. Investoren wie Banken, die sich mit schwindenden Renditen im Markt konfrontiert sehen, können neue Anlageklassen erschließen – Kompetenzen bei der Bewertung des Risikos vorausgesetzt. Indem ein außenstehender Investor Eigentümer des Assets wird, bietet sich für den Asset-Hersteller die Möglichkeit, die Assets von der eigenen Bilanz zu lösen. Im Folgenden werden drei Optionen zur Refinanzierung dargestellt:

  1. Finanzierung für den Hersteller. Ist der Hersteller daran interessiert, die Zahlungsströme aus dem Asset vollständig bei sich zu vereinnahmen und sucht lediglich nach einer Möglichkeit der Refinanzierung, nimmt dieser klassischerweise ein Darlehen auf. Der Hersteller bleibt Eigentümer des Assets, stellt dieses dem Nutzer zur Verfügung und erhält im Gegenzug eine nutzungsabhängige Zahlung. Ist die Bank daran interessiert, das Ausnutzungsrisiko (teilweise) zu übernehmen, lässt sich die Finanzierungsrate in Abhängigkeit der Nutzung des Assets ausgestalten (siehe Abbildung 4). Wichtige Voraussetzung ist, dass alle Parteien Transparenz über die für sie relevanten IoT- Daten des Assets erhalten.
  2. Pay-per-Use Kredit für den Kunden. Ist der Asset-Nutzer an einer nutzungsbasierten Abrechnung interessiert, der Hersteller allerdings nicht bereit, die Assets auf seine Bilanz zu nehmen, so lässt sich dies über eine Pay-Per-Use-Finanzierung abbilden (siehe Abbildung 5). Verschiedene Angebote, die dies abdecken, befinden sich bereits im Markt (beispielsweise der Commerzbank). Der Hersteller veräußert das Asset an den Nutzer. Dieser nimmt bei der Bank eine Finanzierung auf, deren Finanzierungsraten sich an der Nutzung des Assets orientieren. Über die Flexibilisierung der Kreditrate wird somit synthetisch ein AaaS-Geschäftsmodell geschaffen.
    Zur Umsetzung benötigt die finanzierende Bank die generierten IoT-Daten sowie die Kompetenz diese zu analysieren, zu einer Risikoeinschätzung zu kommen und die Bepreisung sowie die Schwankungsbreiten der Höhe der Finanzierungsrate zu bestimmen. Die Mehrwerte liegen auf der Hand: Der Hersteller kann Kundenbedarfe befriedigen und de facto eine simple Form der nutzungsbasierten Abrechnung anbieten. Die Finanzierungsrate des Nutzers orientiert sich zwar an der tatsächlichen Nutzung, allerdings verbleibt das Asset weiterhin auf dessen Bilanz. Die Bank kann, ausgerichtet an den veränderten Kundenbedürfnissen, ihr Geschäftsmodell in Richtung AaaS erweitern und über die teilweise Übernahme des Ausnutzungsrisikos potenziell höhere Renditen generieren.
  3. Finanzierung mittels Special Purpose Vehicle (SPV). Für die sinnvollste Bilanzierung der Assets bedarf es einer Lösung, die weder die Bilanz des Herstellers noch die des Nutzers belastet. Vergleichbar mit Original Equipment Manufacturers im Automotive und Maschinenbauumfeld, die über eigene Captive Finance Gesellschaften zur Absatzfinanzierung verfügen, bieten hier Special Purpose Vehicle-Strukturen eine Lösung. In diesem Model verkauft der Hersteller das Asset gegen Kaufpreiszahlung an das SPV. Das SPV wird Eigentümer des Assets, bietet dieses den Nutzern an und erhält im Gegenzug nutzungsabhängige Zahlungsströme (siehe Abbildung 6). Der Hersteller stellt weiterhin Wartung und Instandhaltung zur Verfügung. Damit der Hersteller zumindest teilweise an den Zahlungsströmen partizipiert und gleichgerichtete Interessen hinsichtlich der Werthaltigkeit des Assets bestehen, kann es sinnvoll sein, dass der Hersteller einen Eigenkapitalanteil an dem SPV hält. Dies ist insofern von Vorteil, da der Hersteller über die größte Asset-Kompetenz verfügt und den Vertrieb sowie das Servicing der Verträge übernimmt.
    Zugleich öffnet die Finanzierung mittels SPV die Investition in das Asset für eine Vielzahl von Investoren, die so an den generierten Zahlungsströmen partizipieren können. Zentrale Voraussetzung stellt auch in diesem Kontext die Transparenz über die IoT-Daten des Assets dar. Grundsätzlich ist eine Refinanzierung des SPVs auch über Fremdkapital-Instrumente denkbar. Großes Potenzial in der Abbildung von SPV-Strukturen bietet die Tokenisierung von Assets. Auf Basis der IoT-Daten wird ein digitaler Zwilling geschaffen. Werden die Assets nun mittels der Distributed Ledger Technologie tokenisiert, werden sie einem breiteren Investorenspektrum zugänglich. Die Tokenisierung ist dabei eine Möglichkeit, ein Asset investierbar zu machen, z.B. auch durch Fremdkapitalfinanzierungen oder durch einen aktienähnlichen Besitz der Assets. Einen guten regulatorischen Rahmen für die Zusammenfassung mehrerer Assets in einem SPV, in das Investoren über Aktien oder Fremdkapital investieren können, bietet derzeit der Liechtenstein Token Act.

Fazit

Mit der zunehmenden Verfügbarkeit von IoT- Daten und sich ändernden Nutzerbedürfnissen geht eine wachsende Bedeutung von AaaS- Geschäftsmodellen einher. Die stärkere Interaktion der einzelnen Marktteilnehmer im AaaS-Umfeld sowie die Veränderung der Geschäftsmodelle bringt Komplexität mit sich, die gemanaged werden muss. Neben den technischen Voraussetzungen, wie der Verfügbarkeit von IoT-Daten auf Asset-Ebene, ist die Bereitschaft zur Veränderung des eigenen Geschäftsmodells gefordert. Beispielsweise stellen die Transformationsfähigkeit von Vertriebseinheiten aber auch die Integration von geänderten Servicemodellen wichtige Größen bei der erfolgreichen Implementierung von AaaS-Geschäftsmodellen dar. Mit Blick auf die Skalierbarkeit kommen sowohl der Automatisierung von Prozessen, wie der Abrechnung, als auch der Refinanzierung der Assets eine besondere Bedeutung zu. AaaS-Geschäftsmodelle versprechen einen bedeutenden Mehrwert für Nutzer, Hersteller und Investoren und haben das Potenzial, die Wertschöpfung in zahlreichen Industrien maßgeblich zu beeinflussen.

Authoren

Serkan Katilmis

Co-founder and CEO, CashOnLedger

Maximilian Forster

Co-founder and CBDO, CashOnLedger

Prof. Dr. Philipp Sandner

Head of Frankfurt School Blockchain Center

Fabian Doemer

Managing Partner Central Europe at Arthur D. Little

Florian Forst

Partner, Head of Financial Services Central Europe bei Arthur D. Little

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